Soooo… Nach einem nur kurzen Bericht über die Monster 1200 S folgt nun wieder ein „vollständiger“ Bericht über ein neues Bike. Neu ist dabei genau das richtige Wort, denn Yamaha hat die MT-10 erst in diesem Jahr vorgestellt und erweitert die erfolgreiche MT Palette dabei weiter nach oben. Einige haben gehofft, dass die Japaner dabei das erfolgreiche MT-09 Konzept mit einem Dreizylinder (der wirklich erste Sahne ist) benutzt. Aber Yamaha blieb einem anderen System treu. Während die MT-07 auf einen Paralleltwin setzt, kommt die MT-09 mit drei Zylindern daher und die MT-10 vielleicht auch deswegen Folgerichtig mit einem Reihenvierzylinder. Also genau dem Motor dem ich eigentlich abgeschworen haben.
Aber Yamaha würde das ganze nicht MT nennen, wenn sie nicht einen besonderen Motor nehmen würden. Yamaha setzt bei der MT-10 auf den bereits bekannten und Hochgelobten Vierzylinder aus der aktuellen R1, der als sogenannter Big-Bang abgestimmt ist. Durch einen Hubzapfenversatz von 90 Grad wird die Zündreihenfolge einem V-Motor nachempfunden. Und Bang ist hier auch das beste Wort. Im Gegensatz zu einem „normalen“ R4, der Screamer genannt wird kommt nicht nur das Geräusch, sondern auch der Vortrieb eher mit einem großen Knall, als mit einem lang anhaltende Schrei.
So kam es wie es fast kommen musste. Kritiker wie Käufer scheinen es Yamaha zu danken, welche die Erfolgsgeschichte MT scheinbar fortgesetzt hat. Ich persönlich war immer skeptisch. Ich dachte mir nicht, dass durch die Zündreihenfolge so viel raus zu holen ist, dass einige Redakteure die MT-10 permanent mit den Platzhirschen der Power-Nakeds, der KTM Super Duke R und der Aprilia Tuono vergleichen. Genau deswegen wollte ich dieses Phänomen einmal selber erfahren und habe mir kurzerhand die MT-10 für eine kleine Ausfahrt gegönnt. Um ein kleines Fazit vorweg zu nehmen: Ich verstehe jetzt alle Redakteure! 
Aber der Reihe nach…
Optik:
Zu den rein objektiven Dingen, wie zum Beispiel der Verarbeitungsqualität kann ich wirklich kein schlechtes Wort verlieren. Da hat Yamaha ganze Arbeit geleistet. Aber kommen wir zum eigentlichen optischen Aspekt und der ist bekanntlich sehr subjektiv. Schönheit liegt ja im Auge des Betrachters und eine klassische Schönheit ist die MT mit Sicherheit nicht, aber das möchte sie auch gar nicht sein. Die Optik ist stark zerklüftet und absolut überzeichnet. Der Effekt ist aber der, dass die 10er einfach Brutal und Aggressiv rüber kommt und das passt zu ihr.
Für mich persönlich hat sich gerade bei der MT-10 viel getan in der Vergangenheit. Die ersten Bilder fand ich schrecklich. Die erste Livebegegnung auf der BMT im Februar war eher zurückhaltend. Aus schrecklich wurde jedoch erst einmal einfach überzeichnet. Mit der Zeit hatte ich mich an die Bilder gewöhnt und habe die Optik als gegeben hingenommen. Als ich sie dann vor 2 Monaten noch einmal Live beim Händler gesehen habe (damals in allen drei erhältlichen Farben) fand ich sie schon gar nicht mehr so schlecht. Als ich sie am Samstag dann aber in Schwarz noch einmal vor mir hatte habe ich mich dabei erwischt, wie sie mir gefallen hat. Brutal, zerklüftet und überzeichnet ist sie immer noch, aber es passt alles und sieht einfach stimmig aus.
Gerade die Lichttechnik in der Maske kommt extrem gut rüber. Der wuchtige Bereich an den Seiten geht in einem absolut mächtig wirkenden Tank über (der mir tatsächlich als erstes aufgefallen ist).
Auch die Bedienelemte am Lenker sind wuchtig, dabei aber trotzdem ziemlich stimmig und gut erreichbar. Das bemerkenswerteste bei all der Masse ist dann jedoch ein vergleichsweise winziger Endschalldämpfer, den ich bei einer Euro 4 Maschine noch nie so gesehen habe.
Farblich steht der dicken Japanerin schwarz auf jeden Fall am besten (my 2 cents), wobei ich den ganz dunklen Look mit Hilfe von Lackierer und Folierer sicher noch etwas abändern würde. gerade Rot würde super kommen, da sowieso schon einzelne Elemente, wie z.B. auch die Feder am Federbein, in Rot dran sind. Ich für meinen Teil bin gespannt, was da in den nächsten Jahren noch farblich kommt und welche Masken es für die Dicke im Zubehör erhältlich sein werden.
Sitzgefühl:
Beim ersten aufsitzen kommt als erstes ein Aspekt zum tragen, der mir optisch schon aufgefallen ist. Der mächtige Tank ist nämlich nicht nur optisch so breit. Auch zwischen den Beinen hat man da einrichtig mächtiges Ding zwischen den Beinen, wodurch die Knie im Normalbetrieb schon sehr weit abstehen. Da habe ich auch gute 10 km gebraucht um mich da dran zu gewöhnen, dann passt es aber fast schon wieder. Denn die gesamte Sitzposition würde ich als sehr Streetfighterartig bezeichnen.
Die Position ist recht aufrecht, dabei aber noch weit genug nach vorne gezogen, damit nicht zu viel Druck auf das Steißbein kommt. Der recht schmale Lenker führt dazu, dass die Ellbogen es automatisch den Knien gleich macht und nach außen wandern. Der Kniewinkel ist dabei offener als bei so manch andere Bike, dass ich dieses Jahr fahren durfte. Die Sitzbank ist schön ausgeformt und lässt auch beim fahren viel Spiel für Bewegung übrig. Allein die Polsterdicke könnte bei längeren Touren Probleme machen. Das ist aber rein subjektiv Erahnt, denn auf der gefahren Tour von rund 60 km in 1h hatte ich nicht den Ansatz von einem Problem.
Interessant für mich was zu sehen, dass ich trotz der Bewegungsfreiheit auf der MT bei Kurvenfahrten nie den Po raus genommen habe. Ich glaube das kommt durch die Streetfighterpoition, in der man als Fahrer eigentlich gerne in der Flucht seiner Maschine bleibt. Ein richtiger Hangover könnte aber allein durch den Tank zusätzlich erschwert sein, denn der Knieschluss ist im Prinzip einfach nicht vorhanden.
Motor und Mapping:
Kommen wir zur Paradedisziplin der MT-Reihe. Und hier möchte ich jetzt mit dem Mapping anfangen. Es gibt drei Modi. Einen Standardmodus „STD“ einen „A“-Modus, bei dem es etwas sanfter los geht und ein „B“-Modus, bei dem das ganze Potenzial der Maschine in die Waagschale gelegt wird. Dazu kann man analog der Tuono die Traktionskontrolle unabhängig vom Modus schnell mit einem eigenen Schalter 3-stufig einstellen. Bei der Traktionskontrolle habe ich die Stufe 3 (frühes eingreifen) nie verlassen. Beim Motormapping bin ich im A (für Anfänger
) los „getuckert“.
Getuckert ist aber eigentlich das falsche Wort. Soundtechnisch ist der Big Bang etwas sehr eigenständiges. Am besten kann man es wohl nich mit seinem Ahnen, den V4 vergleichen. Gerade umkalten Zustand erreicht er bei weitem jedoch nicht die Lautstärke und die Wucht eines echten V-Aggregates. Dennoch ist der Sound weit entfernt von einem normalen R4 und wenn das Ding warm ist, dann geht da schon richtig die Post ab. Mehr Sound braucht man eigentlich nicht und die Tonlage ist schön massig und voluminös. Einzig im tiefen Drehzahlbereich kommt ein rasseln aus Richtung des Motor, welches leicht störend ist. Am Ende der fahrt hatte ich mich aber dran gewöhnt. 
Tuckern ist auch das falsche Wort für das, was die MT-10 da bereits im A-Modus macht. Bemerkenswert kräftig geht sie bereits dort zu Gange. Anfängermodus wer wirklich übertrieben und auch Rainmode wäre wohl das falsche Wort. Vehement geht die Yamaha ans Werk. In Verbindung mit einem sehr knackig zu betätigen Getriebes musste ich mich wirklich erst einmal ein paar Kilometer daran gewöhnen. Erste sanfte Gasstöße zeigten schon das Potenzial des Motors auf. Aber alles in allem bin ich bis zur Tankstelle (das Ding war fast leer zur Fahrtbeginn) ruhig im A-Modus weiter gefahren.
Nach den Betankung von ausreichend Sprit für die kommenden 50 Minuten ging ich übermütig wie ich war direkt in den STD-Modus. Ein Unterschied zum A-Modus war auf jeden Fall spürbar. Jedoch ist die MT-10 wohl in keinem Modus etwas für blutige Anfänger. Wenn STD wirklich Standart bedeutet, dann wird dem Standardfahrer schon viel zugemutet. Aus der Wuchtbrumme wird eine Dampframme. Der zweite Gang nur mit Vorsicht zu genießen hatte man eigentlich über das gesamte Drehzahlband mehr als genug Kraft. Unten rum ist es gerade in den tieferen Gängen schon richtig Power was da aus dem Ding kommt. Ab spätestens 7t rpm ist dann vollends Schluss mit lustig und aus dem Fahrer wird ein Bändiger.
Kurze Anekdote um zu zeigen wie viel Kraft diese Maschine hat. Aus einem Ort raus kam eine lange gerade. Der zweite Gang hat mich mit Halbgas schon gut auf Geschwindigkeit gebracht. Tendenziell vorsichtig lag ich mit meinen 100+ kg weit nach vorne geneigt als ich in den 3. Gang geschaltet habe, den ich dann mit bedacht bis Anschlag aufgezogen habe. Der Moment in dem ich in den Vierten ging war der Moment, als das Vorderrad wieder den Boden berührte und für kurze Unruhe in der Machine gesorgt hat. Weiß Gott habe ich es nicht heraus gefordert. Aber so etwas ist mir über die Fahrt noch einige male passiert und IMMER ging ich wirklich nur Vorsichtig ans Werk. 
Einige Kilometer später habe ich mich dann getraut in den B-Modus zu gehen. Und spätestens hier wusste ich endlich was das B bedeuten könnte. Für mich war es ab diesem Moment der „Beastmode“. Brachial was das Aggregat da mit einem macht. Man muss es mögen (ich bin dem nicht abgeneigt) und sich viel mit dem Ding beschäftigen um die MT-10 halbwegs im Zaum zu halten. Alles in allem mehr Druck als man braucht und das in jeder Lebenslage. Das interessantere dabei ist es jedoch, dass er das beste aus beiden Welten hat. Von unten raus genug Druck und oben rum ist die Verwandtschaft zum Supersportler ganz stark spürbar. Leistungsabfall ist nirgendwo zu merken. Bei 200 km in den 6. Gang gehen, und da kommt noch was. Vehement treibt das Teil bis 250…
Wirklich enorm!
Hier ist es aber wieder die parallele zum V4. Denn die Tuono hatte eine ähnliche Charakteristik. Die MT ist für mich auf der Landstraße evtl. sogar ein bisschen im Vorteil, denn der Druck ist subjektiv noch einmal größer und die MT hatte es bei mir geschafft die Traktion noch besser auf den Hinterreifen zu übertragen. Traktion ohne Ende. Ein flackern der Traktionsleuchte wie bei der Tuono hatte ich auf jeden Fall nicht. Wobei hier anzumerken ist, dass die Traktionskontrollen wohl nicht vergleichbar sind (beide auf höchste Stufe) und das ich Tuono nicht ganz so lange hatte.
Was der Motor auch von der V mitgenommen hat ist jedoch auch der Verbrauch. Auf dem Vorführer waren bei knapp 1.800 km ein Durchschnittsverbrauch von 8,6 l/100 km zu erkennen (der scheinbar seit km 0 nicht reseted wurde). Bei einem Blick auf den Momentanverbrauch in manchen Lebenslagen muss ich dieses Wert auch im Alltag als normal hinnehmen. Unter 8 Liter wird man wohl fast gar nicht kommen. Bei sportlicher Fahrweise sogar über 9 gehen können.
Fahrwerk und Bremsen:
Das Fahrwerk der MT-10 ist ordentlich. Eigentlich in fast jeder Lebenslage mehr als Ausreichend für die Landstraße. Einen kleinen Aspekt, der mir etwas unschön aufgefallen ist, habe ich bereits weiter oben erwähnt. Ab und an kann es am Lenker nämlich etwas unruhig werden. Begünstigt wird das durch mehrere Dinge. Durch die schiere Kraft passiert es einfach regelmäßig, dass das Vorderrad verdammt leicht wird. Die etwas aufrechtere (und dadurch bequemere) Sitzposition bewirkt dann, dass man zum Vorderrad ab und an ein bisschen zu viel Abstand hat und damit nicht recht spät mitbekommt, in welchem Zustand sich das Vorderrad befindet. Das ist dann der Moment in dem es kurz unruhig wird und sich ein Zittern durch die Maschine fährt, welche sich aber schnell wieder stabilisiert. Gefährlich würde ich den Zustand nicht nenne, aber für ein paar adrenalindurchströmte Moment hat es bei mir gereicht. 
Alles in allem ist die große MT mehr Presslufthammer als Präzisionsklinge. Ich will damit unter keinen Umständen sagen, dass man die Yamaha nicht mit Präzision bewegen kann, aber es dauen wahrscheinlich viel länger bis man das Bike versteht und es dort platziert, wo man es haben möchte. Bei der Monster ist das leichter, bei der Tuono funktioniert das was fast ansatzlos. Interessant ist dabei, dass das einlenken federweich funktioniert. Jeder Lenkimpuls wird direkt und Leichtfüßig umgesetzt. Wenn man dann jedoch in der Schrägen ist und die Japanerin mit etwas Gas auf Kurs halten möchte, verlangt sie permanenten Einsatz. Grundsätzlich ist es aber leichter mit der 10er von Kurve zu Kurve zu sprinten, dann hart in die gut funktionierenden Bremsen zu gehen und den Lenkimpuls verwenden um bis zum Scheitelpunkt zu „rollen“. Genau dort ist dann der Punkt bei dem die MT-Fahrer wieder auf ihre Kosten kommen. Ab ans Gas und die Umwelt an sich vorbei ziehen lassen.
Allroundfähigkeiten:
Kommen wir zum überraschendsten Punkt meiner Probefahrt. Denn so radikal wie die MT-10 optisch aber auch von der Motor- und Fahrwerksauslegung abgestimmt ist, hätte ich nicht mit solch großen Allroundkapazitäten gerechnet. Die Sitzbank ist ausreichend Dimensioniert, nur ein bisschen dünn. Mit einer Aufpolsterung würde sich hier sehr schnell und Günstig aber ein super Zustand einstellen. Auch das vielleicht räumlich unterdimensionierte Soziuspolster könnte man so in einem Zug mindestens für mittellange Strecken ausreichend bequem machen.
Überraschungen hingegen bietet eine von Hause an vorhandenen Haltevorrichtung für Seitenkoffer und ein serienmäßiger Tempomat.
Letzterer ist vielleicht ein bisschen komisch abgestimmt, da er erst ab dem 4. Gang funktioniert. Aber für Stadtdurchfahren oder längere gleichmäßige Etappen ist das völlig ausreichend. Auch das Motorgeräusch hält sich bei Schubbetrieb in einem auf jeden Fall aushaltbaren Bereich für längere (Mehr-)Tagesetappen. Die Frontmaske funktioniert gleichzeitig als Flyscreen und bietet mindestens einen kleine Abschottung in Bauch und unterem Brustbereich. Legt man sich auf den Tank wird der Wind sogar vollständig an einem vorbei manövriert.
Wenn man sich die MT-10 so anschaut und auch die Kupplung betrachtet, welche für ein sportlich abgestimmtes Bike vielleicht einen Tick zu schwergängig ist, so würde es mich auf jeden Fall nicht wundern, wenn uns spätestens zum Jahr 2018 eine Tracer 1000 bevor steht.
Vielleicht dann etwas für unseren @‘Arnoldo’. 
Fazit:
Kommen wir aber langsam zum Schluss. Wie man wahrscheinlich an den Posts nach meiner MT-10 Probefahrt bereits erkannt hat, hat es auch „The dark side of japan“ nicht geschafft meine Bella vom Thron zu stoßen.
Dabei muss ich aber ausdrücklich sagen wie überrascht ich war, wie Nah so ein Reihenvierer an die Italienerin ran kommen kann.
Letztendlich konnte mich die MT aber auch als 10er nicht von meinem Ducativirus befreien. Am ausschlaggebendsten waren dabei so subjektive Aspekte wie Schönheit und Gefühl, den objektiv steht die Japanerin der Monster in nicht so vielen Aspekten nach.
Viel interessanter ist für mich jedoch der Vergleich mit der Tuono, also genau der Vergleich den derzeit ALLE Redakteure auch machen. Und hier lässt sich für mich sehr überraschend kein eindeutiger Favorit ausmachen. Hier ist es sehr stark davon abhängig was man von einem Motorrad möchte und was einem persönlich am besten Gefällt (Schlagwörter: Presslufthammer oder Präzisionsklinge
).
Da ich eine etwas sportlichere und präzise Fahrweise bevorzuge würde die Tuono als reine Fahrmaschine vielleicht ganz knapp vorne liegen. Für die MT sprechen auf der anderen Seite der unbeschreiblich aggressive Motor (der wirklich sehr sehr viel Spaß macht) und doch ein höherer Grad an Allroundfähigkeiten. Letztendlich würde auf die Situation drauf ankommen in der ich mich befinden würde. Genau an diesem Punkt, an dem ich mich jetzt befinde, würde ich mich wahrscheinlich sogar für die MT-10 entscheiden, was für mich persönlich vielleicht sogar verwunderlich ist, denn ihr wisst wie überzeugt ich von der Tuono war.
Ausschlaggebend wäre bei den beiden unvernünftigen Bikes tatsächlich so etwas Vernünftiges wie der Preis. Denn für unter 14k € bekommt man bei Yamaha eifach unglaublich viel. Als reines Fahrgerät ist die Tuono für mich aber das bessere Bike. Das lässt sie sich natürlich auch bezahlen.
So sage ich jetzt einfach mal Gleichstand!!! Jeder von euch soll dann selber heraus finden ob ihm der Presslufthammer oder die Präzisionsklinge besser gefällt. 