Automatikgetriebe und Schaltgetriebe

So liebe Leute fangen wir mal an
Wie gesagt kann sein das ich irgendwas vergesse weil ich es jetzt frei schreibe, deswegen bitte ich um Ergänzung.

Es unterscheidet sich zwischen einem Automatikgetriebe und einem Manuellen Getriebe.
Es gibt "Automatisierte Getriebe" die aber im LkW Bereich meistens vorkommen, deswegen uninteressant.
Ein DSG oder SMG (Sequentielles Getriebe) haben wir auch nicht, deswegen gehe ich auf "handelsübliche" Getriebe ein.
Ich unterscheide jetzt erstmal von vorne rein bei den Toleranzen nicht ob es ein AG ist oder ein SG.

Ein Getriebe besteht aus Zigtausend Bauteilen, es kommen Normteile und Zeichnungsteile vor.
Normteile sagt viel aus, sind "Bauteile" meistens kleine Teile wie Schrauben, die vom Lieferanten angeliefert werden und eingebaut werden. Die Bauteile haben meistens kein Sicherheitsrelevantes Maß, deswegen werden sie einmal geprüft und durch die Qualitätssicherung durchgejagt, z.B jetzt von Aisin. Deswegen gehe ich jetzt in die Zeichnungsteile ein, die die Toleranz des Getriebes vorgeben.
Jedes Zeichnungsteil besitzt verschiedene Funktionen und Einsatzgebiete im Getriebe.
Die Bauteile besitzen verschiedene Werkstoffe, Beschichtungen, Legierungen und Härtegrade.
Aisin wird sicherlich Lieferanten haben, die ihn beliefern deswegen besitzen Firmen wie Aisin eine "Wareneingangsprüfung", die die Bauteile spezifisch kontrolliert, ob die Maße auch überhaupt stimmen.
Ich erklär das jetzt mal anhand eines Beispieles.

Das Zahnrad: Aisin wird beliefert von einer Firma die Zahnräder produziert für das Schaltgetriebe. Dieses Bauteil hat viele Vorgaben, d.h Lagetoleranzen, Härtegrad, Verzahnungsgeometrie, Oberflächenbeschaffenheit, Balligkeit usw. Das wird bei der ersten Lieferung des Lieferanten zu 100% überprüft.
Wird eine Maßabweichung gefunden, so wird eine Rücksprache mit dem Konstrukteuren gehalten ob er dieses Bauteil mit einer Bauabweichung genehmigt. Ihr solltet wissen, dass jeder Konstrukteur seine eigenen "Toleranzen" besitzt und nach seinem OK seine Unterschrift setzt. Wenn was passieren sollte ist er dann schuldig. Natürlich gibt es Konzernvorgaben und Toleranzen im Normbuch die normalerweise nicht überschritten werden dürfen, aber manch Konstrukteur handelt nach seiner jahrelangen Erfahrung. Kenne ich sehr gut aus meiner Businessunit Sonderantriebstechnik.
So sagen wir jetzt, dass die Härte des Zahnrades nicht passt und das Zahnrad etwas zu "weich" ist.
Liegt die Härte aber im Bereich +-10% wird es mit einem Bauabweichungsantrag angenommen. Davon gehe ich aus, weil es bei mir auch der Fall ist. Sowas gilt für alle Maße, sogar für Maße die nach dem Normbuch außerhalb der Toleranz sind.
Um exakt zu sagen wieviel Toleranz dieses Getriebe besitzt, benötigen wir die ganzen Messprotokolle von dieser Charge die der Lieferant
Aisin verkauft hat. Dafür müssten alle Zeichnungsteile zu 100% vermessen werden. Im großen und ganzen kann man aber sagen, dass jedes Getriebe eine Toleranz von ca. 10% besitzt !!.
Wie gesagt, es könnte natürlich auch vorkommen, dass manch Bauteile die eine sehr wichtige Funktion im Getriebe besitzen schon auf dem Minimum der Fertigungsvorgaben sind.
Deswegen gibt Aisin z.B bei dem AG ein maximales NM von 400 an. Es könnte sein, dass dieses Getriebe auch um die 500 Nm aushält aber wie gesagt man müsste die ganzen Messprotokolle besitzen auf denen die Sachnummern der einzelnen Bauteile stehen.
Jedes einzelne Getriebe von euch allen hat seinen eigenen Maximum, was dies an Leistung aushält.
Die Streuung darf aber nicht zu extrem sein, deswegen gibt es die Prozessfähigkeitsanalyse und deswegen kann ich sagen 10%.
Danke euch wenn es noch welche Fragen gibt, bitte an mich stellen oder ich werde es ergänzen wenn ich etwas vergessen habe.

Habe versucht es so kurz wie möglich zu halten wenn es Fragen geben sollte die mehr in die Tiefe gehen, gerne !!!

Zitat von TorQ

Danke für den messtechnischen Überblick über die Getriebewelt. Interessant!

Eine Frage stellt sich mir direkt: Verschleiss? Beim Wandler angeblich keiner, bei der Kupplung ist klar die Reibscheiben sind ein Verschleissteil.

Welche Teile Unterliegen noch einem einkalkulierten Verschleiss?
Welche sind dauerhaltbar ausgelegt?
Was ist für das Getriebe der kritische Bereich? Hohe Drehzahl wenig Last oder niedrige Drehzahl viel Last?

1.Du solltest wissen, dass jedes Bauteil einen Verschleiß bestitzt, aber es ist sehr sehr sehr minimal deswegen hast du auch im Getriebe das Öl drin wo die Reibung senkt. Man sollte wissen, dass man nach 100.000-150.000 normalerweise das Öl vom Getriebe wechseln sollte und am besten eine Getriebespülung. Der Hersteller BMW/MINI könnte sagen, dass es nicht notwenig ist, aber die Getriebehersteller raten dazu, vorallem wenn du sportlich unterwegs bist.
2. Wenn man sich an das Maximum hält, ist jedes Bauteil bis auf Kupplung wie du gesagt hast auf "dauerhaltbar" ausgelegt. Überschreitest du das Maximum kann es zu höherem Verschleiß kommen, klingt ja auch logisch. Muss nicht sein, kann aber sein. Mein Kollege hatte ein ZF Getriebe in seinem RS6 drin, das Eingangsdrehmoment war auf maximal 650 Nm ausgelegt. Er hatte 1000 Nm und ist damit 30.000 KM gefahren.
Rate ich aber keinem, außer du verstärkst das Getriebe mit standfesteren Bauteilen.
3. Ich würde sagen, dass niedrige Drehzahl aber viel Last viel schädlicher ist, da die Bauteile gehärtet sind und bei viel Last zerbröseln.
Werf doch mal zum Beispiel ein Zahnrad auf den Boden und schau was passiert, wenn plötzlich ein Schlag aufkommt.
Viel Drehzahl ist natürlich auch nicht gesund, weil die Lager im Getriebe auf eine bestimmte Temperatur und auf ein bestimmtes Drehzahlband ausgelegt sind. Schenkt sich bei beiden eigentlich nicht viel.

@TorQ Ich ergänze noch anhand eines Beispieles: Wellendichtringe.
Diese könnten nach der Zeit spröde werden und undicht. Das führt zum Ausfluss von Öl.
Dies ist alles nicht vorhersehbar, deswegen kann ich da nicht viel sagen.
Aber es gibt kein Bauteil, was kein Verschleiß besitzt.

Zitat von 01goeran

Bei den Abweichungen, die der Konstrukteur freizeichnet, passiert das einmalig, oder regelmäßig während der Bauzeit?

Werden Abweichungen regelmäßig abgezeichnet, ist ja ein Getriebe nicht wie das Andere und damit Ergebnisse der Praxis nicht übertragbar.

Also jeder Kunde baut ein Vertrauen beim Lieferanten auf. D.h wenn der Lieferant einmal geliefert hat und die Lieferung in Ordnung war, werden alle Lieferungen die innerhalb einem Jahr waren durchgejagt ohne Kontrolle. Sollte der Lieferant warum auch immer seine Produktionsmaschinen wechseln oder seine Fertigungsmethode usw. muss nochmal eine 100% Prüfung durchgeführt werden. D.h. alle Maße am Bauteil werden gemessen. Nach diesem einen Jahr wird nochmal gemessen, aber dann nur funktionskritische Merkmale, also keine Einstiche oder sonst was sondern zum Beispiel die Verzahnung. Es ist dem Konstrukteur überlassen ob er dann sagt ja ist ok wenn eine geringe Maßabweichung festgestellt wird oder er sagt die Bauteile werden zurück zum Lieferanten verschickt zur Nacharbeit oder zur Verschrottung. Kommen aber einmal Maßabweichende Bauteile an und werden mit einer Bauabweichung angenommen, so werden auch die nächstens Lieferungen "meistens"! die innerhalb einem Jahr folgen mit einer Bauabweichung angenommen, sobald ein bestimmtes Vertrauen aufgebaut wurde. Ist es ein neuer Lieferant, werden die Lieferungen immer kontrolliert, zumindest das abweichende Maß.

Genau so ist es, jedes Getriebe ist etwas anders. Aber wie gesagt es gibt die Prozessfähigkeitsanalyse die vom Kunden angefordert wird, die der Lieferant vorzeigen muss um zu Beweisen, dass es bei der Produktion eine nicht zu hohe Streuung der Maße entsteht. ->10% Toleranz.